Donnerstag, 14. April 2016

Zeit zu vertrauen - kurz&gut Andachten für's Radio geschrieben, hier veröffentlicht

„Woher kommt Vertrauen?“ – titelte unlängst eine große Wochenzeitung und verwies auf ein körpereigenes Hormon, das uns vertrauen lässt. Das Oxytocin. Dieses Hormon kann sogar künstlich hergestellt werden.
Man stelle sich nur einmal die Möglichkeiten vor: Menschen, die über sich hinauswachsen. Deren Selbstvertrauen gestärkt wird, und die sich damit Dinge zutrauen, die sie sonst nie gewagt hätten. Fantastisch!
Doch so einfach ist es nicht. Vertrauen kann nicht rational begründet werden. Es geschieht mehr aus dem Bauch heraus. Dabei spielen Erfahrungen eine wichtige Rolle. Und es gibt Erfahrungen, die es schwer machen zu vertrauen.
Die Bibel weiß davon mehr als ein Lied zu singen. Immer und immer wieder ist in den verschiedenen Büchern von Vertrauen und Enttäuschung die Rede.
„Ich abertraue darauf, dass du gnädig bist“ – bekennt der Beter in Psalm 13. Alles Äußere spricht gegen ihn und vor allem gegen Gott. „Herr, wie lange willst du mich so ganz vergessen?“ So beginnt er zu beten.
Den anderen, ja, auch Gott, zu fragen, wie lange noch, zeugt von Vertrauen. Vertrauen, dass es eine Antwort gibt. Oder zumindest Entlastung. Wer fragt weiß nicht, wie die Antwort aussieht, aber er hofft, dass es überhaupt Antwort gibt. 
Oft wird Vertrauen mit Wissen verwechselt. Mit Beweis und  Erkenntnis. Doch Vertrauen ist seinem Wesen nach mehr Hoffnung und Glauben, es ist der Wille, sich verletzlich zu zeigen.
Das Oxytocin, so schließt der Artikel der Wochenzeitung, ist nicht das Wundermittel, für das man es halten könnte. Es verstärkt bestehende Empfindungen, schafft aber keine neuen. Wo es kein Vertrauen gibt, wird Oxytocin kein Vertrauen schaffen.
Ich bin also selbst gefragt, einmal mehr zu vertrauen, einmal mehr zu hoffen, einmal mehr zu glauben. Vielleicht jeden Tag ein wenig Kontrolle loszulassen.

Vielleicht wenigstens heute. 

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