Freitag, 15. April 2016

Zeit zu Reden - kurz & gut Andachten für's Radio geschrieben, hier veröffentlicht

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – heißt es. Und da ist auch was Wahres dran. Denn Geschwätz und Gerede sind eine Belastung für alle, die es ertragen müssen. Eine große Plage ist das Reden übereinander. Hier ist nun wirklich Schweigen Gold.
Und doch behaupte ich, dass es Zeit wird, wieder miteinander zu reden.
Zu Reden im Sinne von offen und klar miteinander zu kommunizieren. Reden im Sinne von wahrhaftig sein.
„Eure Redesei Ja, Ja, Nein, Nein“ – fordert Jesus im Matthäusevangelium seine Hörer auf. Und er fügt hinzu: „Was darüber ist, das ist vom Übel.“
Ich werde misstrauisch, wenn Menschen anfangen, weitschweifend Handlungen zu rechtfertigen oder wenn sie nicht auf den Punkt bringen, was sie meinen. „Vermutlich traust Du Dich nicht, einfach Tacheles zu reden“ denke ich dann oft. Ich weiß, dass ich mit meiner direkten Art oft anecke, Leute irritiere. Das ist keine Absicht. Doch es ist mir wichtig, dass mein Gegenüber weiß, woran er mit mir ist. Und immer wieder wird mir gesagt, dass genau diese Geradlinigkeit sehr wohltuend ist.
Häufig scheitern Beziehungen an mangelnder Kommunikation. Der verbale Austausch beschränkt sich auf die Weitergabe von Informationen. Aber das ist kein Gespräch. Es sind Worte, die Mitteilung machen. Was fehlt ist der Gedankenaustausch, der Interesse am Andern deutlich macht.
Wenn Jesus seine Hörer zu Eindeutigkeit auffordert, dann will er damit nicht die Einsilbigkeit, sondern das Miteinander fördern. Der Mensch ist ein kommunikatives Geschöpf. Er zeichnet sich durch seine Fähigkeit aus, zu reflektieren, sich durch Worte mitzuteilen und sich zu entwickeln.
Natürlich gibt es Situationen, in denen es mir schwerfällt, klar und eindeutig zu sein. Doch gerade dann will ich mich erneut dazu auffordern und ermutigen lassen. Damit Kommunikation gelingt, damit Reden auch mal Gold sein kann.

Es wird also Zeit wieder zu reden – miteinander. 

Donnerstag, 14. April 2016

Zeit zum Lieben - kurz&gut Andachten für's Radio geschrieben, hier veröffentlicht

Er küssemich mit dem Kusse seines Mundes; denn deine Liebe ist lieblicher als Wein. Diese wunderbaren, innigen Worte der Liebe gehören zum sinnlichsten Buch der Bibel, das „Hohelied Salomos“ genannt.
Wer hätte das gedacht, dass in der Bibel solche Sätze wie Aufforderungen stehen? Als ich das erste Mal diesen Worten begegnete war ich sprachlos und zugleich zutiefst berührt.
In der Regel wird in unseren Breitengraden Gott als der Gesetzgeber verstanden. Als einer, dem es zuallererst um die Bewahrung von Glaubenswahrheiten und das Halten von Geboten geht. Und wenn doch mal von Liebe die Rede ist, dann doch nur von der selbstlosen Liebe, von der Liebe, die zuerst dem Feind gilt. Doch wer hätte dem Buch und damit Gott solche Erotik zugetraut?
Der Gott, an den ich glaube, der uns Menschen als fühlende, mitfühlende und erotische Wesen geschaffen hat, ist eben viel mehr als ein pragmatischer Gesetzgeber. Er hat die Liebe geschaffen und er liebt es, wenn Menschen einander lieben. Gott ist ein sinnlicher Gott, einer der uns mit Sinnen ausgestattet hat, die wir benutzen dürfen und sollen.
Natürlich geht es nicht nur um erotische Liebe, aber eben auch.
Als Gegenstück dazu gibt es einen weiteren ausdrücklichen Liebestext in der Bibel. Im erstenBrief an die Christen in Korinth schreibt der Apostel Paulus von einer Liebe, die alles überwindet. Einer Liebe, die langmütig und sanft ist. Die bereit ist zu vergeben und sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen. Einer Liebe, die keine Angst hat. Die den anderen als Geschöpf Gottes sieht. Als wertvoll und einzigartig, egal wo er herkommt, was er glaubt, was sein Leben bislang bestimmte. 
Der Gott, an den ich glaube, überwindet unsere Schranken, unsere Unfreiheit, unsere Angst. Er macht uns fähig zu lieben – sowohl sinnlich als auch mit dem Verstand.

Es wird Zeit zu lieben. Frei von Angst und Enge, offen, willkommen heißend, aus der Liebe Gottes heraus. Heute, jetzt.

Zeit für Erwartungen - kurz&gut Andachten für's Radio geschrieben, hier veröffentlicht

Mein erster Blick gilt morgens meinen Kindern. Sie haben ihre ganz eigene Art den Tag zu beginnen. In der Regel sind sie voller positiver Erwartungen. Klar, wenn Französisch auf dem Stundenplan steht, kann schon mal die Stimmung etwas sinken. Aber grundsätzlich sind sie erwartungsfroh gestimmt.
Sie stecken mich damit an. Den Tag mit positiven Erwartungen zu beginnen, ist eine gute Grundhaltung.
Man kann natürlich alle möglichen Erwartungen haben. Da steht das Gespräch mit dem Chef an, die Begegnung mit der Kollegin, die einem quer im Magen liegt. Oder vielleicht der nächste Arztbesuch, dem ich mit leichtem Unbehagen entgegensehe. Doch was nützt es, wenn ich mir all dies in den schillerndsten oder trübesten Farben ausmale? Es bringt mich nicht weiter.
Oft sind es genau diese negativen Erwartungen, die sich dann eben auch erfüllen. Sich selbst erfüllende Prophezeiungen nennt man das dann.
Doch wie kann ich das ändern? Wie kann ich lernen, was meine Kinder selbstverständlich tun: nämlich erwartungsfroh in den Tag, die nächste Begegnung, zum kommenden Arztbesuch gehen?
Die Bibel gibt mir Hilfestellung. In den Psalmen wird immer wieder die Erwartung ausgedrückt, dass Gott hilft. Gott als Tröster, Helfer, Freund, Beschützer. Da betet der Psalmbeter zum Beispiel: „Meine Seele sei stille zu Gott, der mirhilft.“ Oder auch: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mirHilfe? Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.“
Sicher sind die Erfahrungen eines Erwachsenen andere als die eines Kindes. Und sicher sind auch die Herausforderungen andere. Aber wir haben auch andere Möglichkeiten, mit diesen Erfahrungen und Herausforderungen umzugehen. Wir können unsere Erwartung steuern. Warum dann nicht von Gott erwarten, dass er hilft, aufrichtet, stärkt, ermutigt?

Es ist die Erfahrung der Psalmbeter, dass die Erwartung an Gott nicht enttäuscht wird.  Warum es also nicht versuchen?