Donnerstag, 28. Oktober 2010

Gnade Gottes ohne Kleingedrucktes

Heute morgen war ich frühstücken - so richtig lecker und so richtig nett. Wobei ich an dieser Stelle betonen möchte, dass nett in diesem Fall NICHT die kleine Schwester von Sch... ist, sondern das Wort in seinem eigentlichen Wortsinn meint. Nett, weil ich auf meine Kollegen aus Bremen und umzu traf. Nett, weil es nette Gespräche mit viel Gelächter, Zuhören, Anteilnahme, Fröhlichkeit, etwas Ironie, Humor und Zuspruch gab. Nett, weil der Weg dorthin schon eine Freude war. Nett, weil das Grundstück der Gemeinde in Bremen-Blumenthal echt schön gelegen ist und ich das Gefühl hatte, schon fast außerhalb Bremens zu sein. (Allerdings befürchte ich, dass es auch wirklich fast außerhalb war.) Und nett, weil es beim Frühstück alles gab, was ich beim Frühstück gern esse - außer Eier, aber das ist in Ordnung. Zu viel des Guten wäre auch nicht gut!

Tobias Ennulat - Pastor eben jener Gemeinde hatte eine kleine Andacht vorbereitet. Am wichtigsten war mir dabei die Aussage, dass wir die Gnade Gottes ohne Kleingedrucktes verkünden sollten. Denn die Gnade Gottes gibt es tatsächlich ohne kleine fiese "aber's", "wenn - dann's", "Selbstbeteiligungen" und und und. In Anbetracht der Tatsache, dass wir am Sonntag einen Gottesdienst zum Reformationstag feiern werden, konnte ich diese Formulierung sogar noch für meine Predigt nutzen. Doch was mich am meisten begeistert und bewegt hat:

Gottes Gnade, seine Gerechtigkeit, ist für uns unverfügbar. Wir können nichts tun, damit wir gerecht sind, darum sind wir von der Gnade abhängig.

Das müssen auch und vor allem all die hören, die hoffen, durch irgendwelche frommen Übungen, demütigen Lebensweisen und richtigen Taten sich einen Vorteil zu verschaffen. Liebe Leute, es ist UNMÖGLICH, auch nur ein µ für uns entscheiden zu können. Gnade heißt Gnade, weil man nichts dazu tun kann, sie zu erlangen. Gnade ist unverfügbar, nicht einklagbar, mit nichts zu kaufen - Gnade liegt voll und ganz in der Macht dessen, der gnädig ist - oder eben nicht.
Ich rede hier von der Gnade Gottes, die in direktem Zusammenhang zur Gerechtigkeit Gottes steht. Gerechtigkeit ist keine Eigenschaft des Menschen, Gerechtigkeit ist eine Eigenschaft Gottes - schreibt Holger Finze-Michaelsen im aktuellen homiletischen Monatsheft. Und weiter: "Und die gibt er (Gott) nicht auf. Wollte er sie in dem Sinne ausüben, dass er die Guten belohnt und die Bösen bestraft - wer wäre dann so gut, dass er ausschließlich Belohnung verdient hätte? 'Sie sind allesamt Sünder.' Das heißt: Der Gottlose ist dem Frommen gleichgestellt." Das nenne ich mal harten Tobak!
Ist es denn dann egal, was ich glaube, wie ich lebe, worauf ich meinen Fokus richte, was mein Leben ausmacht?
Hier kommt die Erkenntnis Luthers ins Spiel:
„Das Evangelium macht ganz deutlich, wie man mit Gott wieder klarkommen kann. Und zwar nur dadurch, dass man sein Vertrauen auf Gott setzt. Es steht ja schon im Buch Gottes geschrieben: „Wer sein Vertrauen auf Gott setzt, wird leben“.

Brief an die Gemeinden in Rom, Kapitel 1, Vers 17 nach einer sehr modernen Übersetzung.
Den Text der Lutherübersetzung findest du hier.

Ist das nun das Kleingedruckte?
Nein! Denn das ist das Evangelium. Wer auf Gott vertraut, sich auf ihn verlässt, der wird erleben, dass Gott gerecht und gnädig ist. Wenn das kein Grund zu tiefer Dankbarkeit und großem Jubel ist, dann weiß ich auch nicht.
Mehr braucht es nicht - allerdings auch nicht weniger, um die Trennung von Gott zu beenden, die ewige Hetze nach dem Mehr, die Jagd nach Anerkennung, die Trauer im Versagen zu ertragen und zu überwinden. Nicht auf einen Schlag, nicht ganz plötzlich und ein für alle Male - aber immer wieder und immer wieder mit der selben Gewissheit, dass Gottes Gnade größer ist als alles, was ich mir an Schuld, Versagen und Leid aufgeladen habe.

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